Bayern - Land des Unwägbaren.
In diesem drei-Seiten-Feature der ZEIT legt Jakob Augstein dar, was er wirklich über den (angeblichen) Niedergang der CSU in Bayern denkt, und das ist ziemlich amüsant. Augstein als Hamburger blieb bayerische Lebensart immer ein Rätsel und da ist er nicht allein unter der meist eher nördlich angesiedelten Journalisten"meute", die unser Meinungsbild prägt(mal abgesehen von der SZ).
Ein Artikel, den man nicht so schnell vergisst - gerade weil es der Autor so unerschütterlich ernst meint. Drehbuchreif ist folgender Abschnitt:
Zum 60. Geburtstag der Partei, neulich in München. Fast alle sind da: Seehofer und Glos und Huber und Glück und Söder. Diese Männer, diese Herrscher des Landes, ihre Gesichter kantig und grob und gewitzt und mild. Ihre dunklen Limousinen auf dem Platz vor der Mariahilf-Kirche, die Leibwächter davor, von einem Bein aufs andere tretend, rauchend. Die Polizei hat alles abgeriegelt, dunkle Mäntel, Händeschütteln und Schulterklopfen vor dem Portal, leises Nicken im Mittelschiff, und zuletzt der Ministerpräsident mit seiner Gemahlin, der ganz nach vorn geht, wo sein Platz reserviert ist. Man denkt noch: Das hier ist wahrhaftig euer Land. Dann wird zusammen gesungen, das Lobe den Herren, so laut, wie man es im Norden selten hört!
Na, an was erinnert das? Natürlich: an berühmtberüchtige Szenen in Coppolas Paten und anderen Mafia-Filmen. Weiter geht es mit einem Porträt des Maestros selbst, des geschundenen und gegeschasten Herrn Stober:
Und Stoiber? Ecce Homo! Er ist als Schmerzensmann durch Bayern gezogen, auf dem Passionsweg der Politik, das Gesicht hager, die Stirn zerfurcht, die Nase lang und schmal, tiefe Falten in den Wangen. Aber nicht um Vergebung zu bringen, sondern sie zu erlangen: »Es tut mir Leid, dass ich mit meiner Entscheidung unsere Partei und Sie alle hier in eine nicht einfache, auch in eine schwierige Lage gebracht habe. Ich leide natürlich selbst außerordentlich darunter – ehrlich gesagt, ich leide wie ein Hund.« Das waren seine Worte, als er aus Berlin zurückgekehrt war. In der Fraktion ließ er sich »zur Sau« machen, wie ein früherer Staatsminister formulierte. Und in den Bezirken hörte er sich Sachen an, »die hätt ich mir nicht angehört«, wie ein Staatsminister formuliert.
st das nicht brilliant, wie hier ein gestandener Journalist aus Ermangelung eines tieferen Verständnisses für das unberechenbare Volk da unten einen ganzen Heldenmythos entwirft? Jetzt fehlt eigentlich nur noch der Zaubertrank! Stattdessen ein Zitat der Mutter Bayerns ehrwürdigen Geschichtschreibers Graf:
»Was ist so ein Mensch scho’? Nackert ist er, nackert«, hat die Mutter von Oskar Maria Graf gesagt. »Und wenn er gestorben ist, ist er ein Haufen Dreck.«
Aber, so endet Augstein, Rationalität ist des Bayerns Sache nicht:
Da denkt man dann, es kann sein, dass in Bayern die Sehnsucht nach Harmonie so groß ist, dass vielleicht demnächst in der CSU doch wieder so was passiert, wie Oskar Maria Graf es 1918 beobachtet hat. Da war gerade die Republik ausgerufen worden, und es stieg ein Mann, sichtlich irritiert vom aufständischen Geschrei um ihn herum, auf den Biertisch und brüllte: »Ja, da machen wir halt a Revolution, dass endlich a Rua is!«
Ein Artikel, den man nicht so schnell vergisst - gerade weil es der Autor so unerschütterlich ernst meint. Drehbuchreif ist folgender Abschnitt:
Zum 60. Geburtstag der Partei, neulich in München. Fast alle sind da: Seehofer und Glos und Huber und Glück und Söder. Diese Männer, diese Herrscher des Landes, ihre Gesichter kantig und grob und gewitzt und mild. Ihre dunklen Limousinen auf dem Platz vor der Mariahilf-Kirche, die Leibwächter davor, von einem Bein aufs andere tretend, rauchend. Die Polizei hat alles abgeriegelt, dunkle Mäntel, Händeschütteln und Schulterklopfen vor dem Portal, leises Nicken im Mittelschiff, und zuletzt der Ministerpräsident mit seiner Gemahlin, der ganz nach vorn geht, wo sein Platz reserviert ist. Man denkt noch: Das hier ist wahrhaftig euer Land. Dann wird zusammen gesungen, das Lobe den Herren, so laut, wie man es im Norden selten hört!
Na, an was erinnert das? Natürlich: an berühmtberüchtige Szenen in Coppolas Paten und anderen Mafia-Filmen. Weiter geht es mit einem Porträt des Maestros selbst, des geschundenen und gegeschasten Herrn Stober:
Und Stoiber? Ecce Homo! Er ist als Schmerzensmann durch Bayern gezogen, auf dem Passionsweg der Politik, das Gesicht hager, die Stirn zerfurcht, die Nase lang und schmal, tiefe Falten in den Wangen. Aber nicht um Vergebung zu bringen, sondern sie zu erlangen: »Es tut mir Leid, dass ich mit meiner Entscheidung unsere Partei und Sie alle hier in eine nicht einfache, auch in eine schwierige Lage gebracht habe. Ich leide natürlich selbst außerordentlich darunter – ehrlich gesagt, ich leide wie ein Hund.« Das waren seine Worte, als er aus Berlin zurückgekehrt war. In der Fraktion ließ er sich »zur Sau« machen, wie ein früherer Staatsminister formulierte. Und in den Bezirken hörte er sich Sachen an, »die hätt ich mir nicht angehört«, wie ein Staatsminister formuliert.
st das nicht brilliant, wie hier ein gestandener Journalist aus Ermangelung eines tieferen Verständnisses für das unberechenbare Volk da unten einen ganzen Heldenmythos entwirft? Jetzt fehlt eigentlich nur noch der Zaubertrank! Stattdessen ein Zitat der Mutter Bayerns ehrwürdigen Geschichtschreibers Graf:
»Was ist so ein Mensch scho’? Nackert ist er, nackert«, hat die Mutter von Oskar Maria Graf gesagt. »Und wenn er gestorben ist, ist er ein Haufen Dreck.«
Aber, so endet Augstein, Rationalität ist des Bayerns Sache nicht:
Da denkt man dann, es kann sein, dass in Bayern die Sehnsucht nach Harmonie so groß ist, dass vielleicht demnächst in der CSU doch wieder so was passiert, wie Oskar Maria Graf es 1918 beobachtet hat. Da war gerade die Republik ausgerufen worden, und es stieg ein Mann, sichtlich irritiert vom aufständischen Geschrei um ihn herum, auf den Biertisch und brüllte: »Ja, da machen wir halt a Revolution, dass endlich a Rua is!«
Stina - 31. Dez, 17:08
0 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
Trackback URL:
https://stina.twoday.net/stories/1342921/modTrackback